Intel Vaunt: Comeback der Smart Glasses?
Intel hat einen Prototyp einer Smarten Brille entworfen. Die sogenannte Intel Vaunt soll minimalistisch, aber alltagstauglich sein. Derzeit ist allerdings noch nicht klar, ob und wann die smarte Brille auf den Markt kommt.
Vaunt heißt übersetzt Loblied. Besingt Intel die Rückkehr der Smart Glasses, nachdem Google damit kolossal gescheitert ist? Die Anfangsfehler wurden ausgemerzt: Der stylishe Prototyp setzt auf Minimalismus und Alltagstauglichkeit. Klingt vielversprechend, die Markteinführung ist allerdings noch ungewiss.
Google Glass wirkte klobig und deren Träger sahen so aus, als ob sie ständig eine laufende Kamera auf alles und jeden richten. Das sorgte bei vielen für Unbehagen, manche sahen darin einen entscheidenden Schritt zur totalen Überwachung. Ergo: Das Gadget floppte. Eine AR-Brille muss schlichtweg in den Alltag integrierbar sein und darf “keine sozialen Kosten” verursachen, wie es NDG-Produktleiter Itai Vonshak ausdrückt. Zur Erklärung: AR steht für Augmented Reality, wobei das Blickfeld um optische Einblendungen erweitert wird, und NDG (New Devices Group) ist jene Intel-Abteilung, die für Vaunt verantwortlich ist.
Weniger ist mehr
Der Prototyp besitzt keine Kamera, kein Bedienfeld, keinen Lautsprecher, kein Mikrofon. Somit ist dieses Wearable tatsächlich wearable, also tragbar, allein schon wegen des Gewichts von unter 50 Gramm, was den internen Codenamen “Superlite” erklärt. Auch hinsichtlich des Designs ist Vaunt kaum von einer herkömmlichen Brille zu unterscheiden. Nur gelegentlich zeigt sich im rechten Brillenglas ein rötlicher Schimmer.
Dieser ist dem Laser geschuldet, genauer gesagt dem Oberflächenemitter. Damit wird ein rotes, monochromes Bild auf einen holografischen Reflektor der rechten Linse übertragen und von dort auf die Netzhaut gespiegelt. Das klingt immer noch etwas bedrohlich, doch laut Intel handelt es sich hierbei um einen Laser der niedrigstmöglichen Klasse 1, dessen Strahlung für das Auge völlig ungefährlich ist.
Display per Blickkontakt
Das Head-up-Display erscheint circa 15 Grad unterhalb der normalen Sehlinie – aber nur, wenn man direkt darauf blickt, andernfalls verschwindet es im peripheren Sichtbereich. Diesen blendet unser Gehirn standardmäßig aus und erst wieder ein, wenn dort etwas passiert, wie etwa das Aufflackern einer neuen Nachricht. Vaunt funktioniert also nur in Kombination mit einem Smartphone, das per Bluetooth andockt. So kann man sich SMS oder Tweets buchstäblich vor Augen führen, bei Bedarf auch Einkaufszettel, Fahrpläne oder Kochrezepte.
Ein Nicken genügt
Der hintere Bereich der Bügel ist flexibel, der vordere beherbergt die Technik. Der Akku hält angeblich bis zu 18 Stunden und der Beschleunigungssensor samt Kompass registriert Blickrichtungen und Kopfbewegungen. Damit lässt sich Vaunt intuitiv bedienen, ein Mikrofon zwecks Sprachsteuerung wird vermutlich ab einer späteren Version folgen. Im Hintergrund arbeitet Intels künstliche Intelligenz und eruiert, was wann angezeigt werden soll – zum Beispiel eine Internetbewertung zu einem Restaurant, vor dem man gerade steht.
Viele offene Fragen
Ob tatsächlich Intel die Brille auf den Markt bringen wird, ist fraglich. Eine Kooperation mit einem Brillenhersteller wäre naheliegender, schließlich muss Vaunt präzise an die individuelle Pupillendistanz angepasst werden. Zudem habe die neuartige Sehhilfe gar nicht den Anspruch, konventionelle Bildschirmgeräte zu ersetzen, meint Ronen Soffer, NDG-Generaldirektor für Softwareprodukte. Das virtuelle Netzhautdisplay sei eher eine Zwischenlösung, um Innovationen anzustoßen – ähnlich dem Smartphone, das beispielsweise Echtzeit-Ridesharing mit sich gebracht hat.
Schlummern solche Anwendungsmöglichkeiten auch in alltagstauglichen Smart Glasses? Das sollen Entwickler im Rahmen von Intels “Early Access Program” herausfinden, das noch in diesem Jahr starten wird. Das US-Technikportal The Verge durfte den Prototyp bereits vorab testen und zeigte sich durchweg beeindruckt. Vaunt sei die erste AR-Brille, die nicht lächerlich aussehe. Ein guter Anfang, denn: Wearables müssen zuerst in unser Leben passen, bevor sie es verändern können.