Urtopia Ebike im Test: Ein modernes Stück Technik auf Rädern

Urtopia. Das steht für eine Mischung aus „Urban“ und „Utopia“. Und das Urban nicht immer mit Großstadt und Asphalt gleichzusetzen ist, beweist das neue Urtopia Carbon One Ebike. Das Ganze ist als Startup-Unternehmen gestartet mit Sitz in Hongkong. Inzwischen steht man auf durchaus soliden Beinen und vertreibt das Ebike direkt über die eigene Website. Zugegeben, die Reifen könnten für Feldwege ein wenig breiter sein und auch eine Federung vermissen wir im unwegsamen Gelände. In ländlicheren Gegenden mit vielen Feldwegen schlägt sich das Urtopia Ebike dennoch ganz passabel. Durch die Rahmenform ist es sogar auf holprigen Straßen und Feldwegen relativ komfortabel. Was das Urtopia Ebike so kann, erfahrt ihr in unserem Test.

Das Urtopia Ebike besticht durch seine Bauweise komplett aus Carbon und ist in 3 Farbvarianten erhältlich. Es besitzt sogar einen aus Carbon gefertigten Antriebsriemen anstelle einer Kette, der bis zu 30.000 km halten soll. Das sorgt dafür, dass das Fahrrad gerade einmal 15 kg wiegt und sich mit einer Hand tragen lässt. Die Reichweite liegt bei bis zu 100 km. In 2,5 Stunden ist das Urtopia Ebike wieder voll aufgeladen. Das Design stammt von Mathis Heller, der bereits für BMW, Siemens und Unilever entweckelt hat. Das Urtopia Ebike sieht durch seine Rahmenform sehr stylisch aus und ist durchaus ein Hingucker.

Das Urtopia Ebike kommt gut verpackt und gesichert in einem großen Karton. Wir haben uns bei einer Körpergröße von 1,83 m für die Größenvariante L entschieden. Für mich perfekt, für meine Frau mit 1,76 m Körpergröße etwas zu hoch. Der Sattel lässt sich durch die Rahmenbauweise nämlich nicht tiefer versenken. Das Hinterrad sowie der Lenker sind bereits am Rahmen befestigt. Der Rahmen fällt durch seine besondere Bauweise auf. Es gibt kein durchgehendes Sattelrohr und der Rahmen biegt sich direkt zum Hinterrad. Das soll für mehr Rahmenflexibilität sorgen und federt auf Schotterwegen relativ gut ab.

Die Teile sind durchaus gut verarbeitet und auch sauber entgratet. Das Vorderrad wird mittels Schnellkupplung und die Pedale mit dem Schraubenschlüssel befestigt. Der Akku sowie der Sitz werden eingesteckt. Da sich das Rücklicht direkt am Sitz befindet, muss dies mittels Stecker noch am Rahmen angeschlossen werden. Anschließend wird der Sitz auf die passende Höhe eingestellt und mittels Inbusschraube festgestellt. Alle Werkzeuge zur Montage liegen bei und können passend in der beiliegenden Rahmentasche verstaut werden. An den Rädern sind bereits Reflektoren angebracht und eine Luftpumpe liegt ebenfalls bei. Fahrradständer, Getränkehalter und Schutzbleche sind separat gegen einen Aufpreis erhältlich.

Das Urtopia Ebike ist nahezu komplett aus Carbon gefertigt. So wiegt es lediglich 15 kg. Die maximale Tragkraft liegt hier bei 110 kg.

Anstelle einer Kette besitzt es einen wartungsarmen Gates Carbon Drive™ CDN™ 34 Nm Riemenantrieb (bis 30.000 km) mit 250 W Radnabenmotor. Das sorgt für eine Reichweite von bis zu 100 km. Auf deutschen Straßen wird das Ebike softwaretechnisch gedrosselt auf 25 km/h.

Der 360 Wh große Samsung Akku kann direkt im Rahmen verbaut geladen werden und ist in 2,5 Stunden wieder voll aufgeladen.

Die Räder bestehen aus einer 19 mm  Innenfelge 700C (ISO 622 mm BSD), auf denen Kenda Kwest 700x35C (35 mm / 1,4”) (30~45 mm kompatibel) Reifen verbaut sind. An den Rädern befinden sich hydraulische Bremsen.

Im Lenker ist ein LED-Matrix-Display verbaut, welches die aktuelle Geschwindigkeit, den Akkustand und weitere Statusmeldungen anzeigen kann.

Das Urtopia Ebike besitzt eine LED-Beleuchtung vorne und hinten. Das Rücklicht projiziert links einen orangenen und rechts einen weißen Pfeil auf den Boden. Diese blinken bei aktivem Blinker. In der App kann auch ein Bremslicht aktiviert werden. Das Bremslicht und die Blinker sind jedoch leider nur bei Dunkelheit sichtbar.

Die Urtopia App ist kostenlos für iOS und Android erhältlich und bietet neben den Bike-Konfigurations-Funktionen auch die Möglichkeit einer Navigation mit Streckennachverfolgung sowie einen Community-Part, um seine Fahrten zu teilen. Der Routenplaner ist jedoch nur bei Verwendung der Urtopia-App im Display des Bikes sichtbar. Über die App lässt sich ein Ziel auswählen und die Route planen. Auf dem Display des Fahrrads wird dann ein Abbiegepfeil angezeigt. Dies funktioniert jedoch nur, wenn die App auf Englisch eingestellt ist. Grundsätzlich fehlen hier aber noch weitere Funktionen wie Zwischenziele oder eine erneute Routenberechnung, wenn man sich verfahren hat.

Die Kopplung geschieht mittels QR-Code, welcher auf dem Display am Lenker angezeigt wird.

Anschließend kann man sämtliche Features des Ebikes wie die Aktivierung des Lichts oder verschiedene Klingel- und Warntöne über die App steuern.

Eine Echtzeit-Lokalisierung ist direkt über die App möglich, sofern man die E-Sim aktiviert hat. Die integrierte eSim mit LTE ist 1 Jahr kostenlos verwendbar und kostet anschließend 35€ pro Jahr.

Auch ein Diebstahlalarm ist an Board und informiert einen mittels Push-Mitteilungen, wenn das Bike ungefragt bewegt wird.

Zudem lässt sich das Fahrrad auch als Bluetooth-Lautsprecher nutzen. Der Lautsprecher ist an der Unterseite des Lenkers angebracht. Die Beschallung am Badeweiher ist also auf jeden Fall gesichert.

Zunächst startet man das Fahrrad, indem man den Fingerabdruck scannt. Dies klappt sehr zuverlässig, kann bei Kälte und Feuchtigkeit aber auch gerne einmal zicken. Anschließend leuchtet im Erfolgsfall eines erkannten Fingerabdrucks der LED-Ring um den Fingerabdrucksensor bei Verifikation grün. Es lassen sich innerhalb der App auch mehrere Fingerabdrücke für eventuelle Zweitfahrer hinterlegen. Hält man den Fingerabdrucksensor länger gedrückt, aktiviert sich die Spracheingabe. Über derzeit noch rein englische Befehle wie “Lights on” kann man so das Licht aktivieren oder auch den Diebstahlschutz. Die Griffe am Lenker sind übrigens aus Gummi und besitzen sogar einen Handballenablage. Sie sitzen fest und fühlen sich stets bequem an.

Was uns bislang an Cube, Haibike & co störte: Man fährt ein E-Bike. Mit integriertem Akku. Warum muss man dann verdammt nochmal immer noch ein externes, batteriebetriebenes Licht anbauen? Urtopia schafft es als einer der wenigen Hersteller, sowohl Licht als auch Rücklicht samt Bremslicht und Blinker in den Rahmen zu integrieren. Gut, die Blinker sind nur Nachts gut sichtbar, aber wenn man schon einen Akku integriert hat, kann man doch auch gleich das Licht damit betreiben. Das Licht lässt sich durch längeres Drücken der “Links”-Taste ein- und ausschalten. Die Blinker werden über ein einfaches Betätigen der “Links”- oder “Rechts”-Taste aktiviert und deaktiviert. Der Frontscheinwerfer und auch das Rücklicht erzeugen Nachts ausreichend Licht, um die Umgebung perfekt auszuleuchten. Das Display ist auch bei Tag sehr gut ablesbar.

Über das Steuerkreuz an der linken Seite des Lenkers kann man durch Drücken der oberen und unteren Taste zwischen den Fahrmodi Öko, Komfort und Sport wählen. Durch die fehlende Schaltung wird hier die Unterstützungsstufe angepasst. Durch längeres Drücken der “Oben”-Taste lässt sich noch die Turbo-Stufe aktivieren. So wird stets für ein entspanntes Fahrgefühl gesorgt. Einzig bei wirklich extremen Steigungen vermisst man die Schaltung und wir mussten absteigen, um nach oben zu gelangen. Wir müssen hier jedoch dazu sagen, dass es sich hier um einen sehr steilen Feldweg handelte. Glücklicherweise besitzt das Urtopia Ebike durch Gedrückt halten der “Rechts”-Taste eine Walking-Funktion und hilft beim Schieben. Hält man die “Unten”-Taste länger gedrückt, schaltet sich das Bike ab.

Die Rahmentasche ist übrigens ausreichend groß, um neben dem Werkzeug noch ein paar Fahrradhandschuhe sowie eine Powerbank verstauen zu können.

Der Sattel ist erstaunlich bequem und auch nach bislang ca. 550 gefahrenen Kilometern erzeugt er keinerlei Druckstellen und Schmerzen am Hintern. Sogar Feldwege konnten wir mit dem Urtopia Ebike durchaus gut befahren, wenn auch bei tieferen Schlaglöchern etwas eine Federgabel vermisst wird.

Dafür ist es besonders leicht und kann auch mal bequem eine Treppe hoch getragen werden.

Die hydraulischen Scheibenbremsen sind direkt mit Urtopia gebrandet und greifen kräftig und zuverlässig zu.

Die Durchschnittsgeschwindigkeit in diesem Zeitraum beträgt übrigens beachtliche 17 km/h. Ab ca. 23 km/h ist die Trittfrequenz relativ hoch und über 25 km/h wird die Unterstützung abgeschaltet. Je nach Unterstützungstufe konnten wir problemlos zwischen 80 und 100 km am Stück fahren. Der Akku lässt sich entnehmen, aber auch direkt im Rahmen verbaut laden. Durch das aktive GPS-Tracking und dem eSIM Modul sollte man den Akku auch regelmäßig aufladen.

Bei unseren Ausflügen hat sich das Urtopia Ebike durchaus als Hingucker herausgestellt. Es sieht eben nicht wie der typische Ebike-Einheitsbrei aus und erzeugt durchaus Eindruck.

Das könnte am Urtopia Ebike noch verbessert werden

Kommen wir zu den Dingen, die uns nicht gefallen. Die Software ist leider stellenweise noch etwas buggy.

Der Alarm lässt sich nur über Sprachbefehl „lock the bike“ aktivieren und nicht via Bedienfeld beim Power-Off. Zudem ist die Navigation auf dem Display nur möglich, wenn die Sprache des Smartphones auf Englisch gestellt ist. Auch die Tonregulierung ist Verbesserungswürdig. Die Klingel müsste beispielsweise in unseren Augen lautstärketechnisch separat regulierbar sein. So ist sie derzeit leise bzw. aus, wenn man das Bike mutet oder die Tonausgabe auf leise einstellt.

In der Turbostufe hängt oft die Geschwindigkeitsanzeige und nach dem Laden dauert es, bis der Akkustand erkannt wird und die Zuschaltung funktioniert.

Das sind Kleinigkeiten, die sich via Softwareupdate regeln lassen. Hoffen wir, dass dies bald nachgereicht wird.

Ein weiteres großes Fragezeichen wird die Reparatur- und Servicetauglichkeit. Urtopia hat aktuell noch keine Servicepartner auf deutschem Boden. Wer bei seinem Fahrrad nicht selbst den Service machen möchte und die Teile direkt bei Urtopia auf der Website bestellt, schaut aktuell noch in die Röhre.

Ebikes sollte man nicht verallgemeinern, dass das Ganze nur etwas für Sportfaule ist. Man kann weiter reisen und kommt entspannter an. Wenn man dadurch weniger zum Auto greift, hat sich die Anschaffung schon gelohnt. Das Urtopia Ebike überzeugt durch frische Ideen und Integrationen wie Lichter und Blinker direkt im Rahmen. Durch seine Carbon-Bauweise zählt es zu den leichtesten Ebikes am Markt. Durch den Carbonriemen ist es zudem sehr wartungsfreundlich, da dieser bis zu 30.000 km halten soll. Die Sprachsteuerung funktioniert gut, ist in unseren Augen jedoch eher ein nettes Gimmick. Es fährt sich sehr bequem, sogar auf holprigen Feldwegen. Tiefere Schlaglöcher oder Holperpisten sollte man dennoch versuchen zu meiden. Hier fehlt natürlich eine gefederte Vorderradgabel. Die Reichweite ist mit 80 – 100 km beachtlich und das Fahrgefühl bei bis zu 25 km/h sehr gut. Durch seine dünnen und relativ glatten Reifen fährt es sich eher in Richtung Cross Bike als ein Mountain Bike.

Die Frage ist natürlich auch, wie es künftig mit dem Support aussieht. Wird es Servicepartner in Deutschland geben? Wie wird die Ersatzteilversorgung aussehen? Das ist natürlich ein kleines Risiko. Wer jedoch selbst etwas handwerklich begabt ist, kann hier ein durchaus hochwertiges Ebike mit Hinterradnabenmotor zu einem erschwinglichen Preis erwerben.